Interview mit Jakub Rebelka – live auf Signiertour in Deutschland



Neu im Februar JUDAS - Jakub Rebelka live erleben

Anfang März wird uns wie bereits angekündigt der Zeichner von JUDAS, Jakub Rebelka, zu eben jenem Comic im März auf einer Signiertour in Deutschland besuchen: 06.03. Stuttgart, 07.03. Darmstadt, 08.03. Frankfurt, 09.03. Köln und 10.03. Bochum. Zu diesem Anlass haben wir es uns nicht nehmen lassen, Jakub Rebelka in einem sehr interessanten Interview zu seiner Person, seiner Arbeit und seinen Comics auf den Zahn zu fühlen.

INTERVIEW MIT COMICTALENT JAKUB REBELKA

Hallo Jakub, danke, dass du dir die Zeit nimmst, mit uns über deine Arbeit und deinen neuen und demnächst auch in deutscher Sprache erscheinenden Comic JUDAS zu sprechen. Bevor wir zu deinem aktuellen Werk ins Detail gehen, würde ich dich bitten, uns etwas über deine ersten Schritte als (Comic-)Künstler zu erzählen. Wie hast du deine Liebe zum Medium Comic entdeckt, und wie hast du es geschafft, in die Comic-Branche einzusteigen?

Vielen Dank für diese Gelegenheit. Meine Leidenschaft für Comics hat sich schon in ganz frühen Jahren bemerkbar gemacht. Ich habe schon von klein auf gezeichnet und Bilder habe ich immer geliebt. Mein Vater ist selbst Künstler, also war unser Zuhause voll von Büchern über Kunst. Während mein Vater arbeitete, saß ich oft mit ihm in seinem Atelier und habe seine Werkzeuge benutzt, um zu zeichnen. Ein Freund meiner Eltern, der Übersetzer für Polnisch und Französisch war, hat mir einmal einen ganzen Schwung Spirou-Magazine aus den 80ern gegeben. Die Zeichnungen in diesen Magazinen haben einen massiven Eindruck bei mir hinterlassen, und von da an wusste ich, dass es möglich war, seinen Lebensunterhalt mit Zeichnen zu bestreiten, also entschied ich mich, das zu verwirklichen. Es ist in etwa so wie der Pfad, den Bergsteigerinnen und Bergsteiger wählen: Du musst dem dein Leben widmen. Ich bin dabei, den Pfad zu beschreiten …

Wo siehst du als Künstler und visueller Geschichtenerzähler die Vorteile und Besonderheiten des Comics als Medium im Vergleich zu anderen popkulturellen Bereichen?

Ich denke, es gibt manche Leute, die eine besondere Liebe zu visueller Kunst, Illustrationen und Zeichnungen hegen – wir sind süchtig nach ihnen. Und im Grunde ist es genau das. Ich liebe es, mir die Bilder anzusehen und die Geschichten zu lesen. Comics vermitteln mir so ein erhebendes Gefühl, das schwer zu erklären ist. Ich denke, dass Kunst im Allgemeinen die Seele nähren kann, und das ist wichtig. Für mich sind Comics einer der letzten Bereiche, in denen man visuelle Kunst in vollem Umfang erleben kann. Die Vorstellungskraft der Schöpferinnen und Schöpfer ist die einzige Grenze. Das ist mein persönliches Bestreben: Die Mauer der Vorstellungskraft zu durchbrechen und zu zeigen, was in Comics möglich ist.

Könntest du uns ein wenig über die Comic-Szene in Polen verraten? Wie beliebt ist der Comic in Polen? Gibt es für polnische Künstlerinnen und Künstler Möglichkeiten, ihre Werke in Polen zu veröffentlichen und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, oder müsst ihr euch eher nach Verlagen in Frankreich und den USA umsehen?

Comics waren in Polen immer sehr beliebt, selbst in den düsteren Tagen des Kommunismus. Damals waren Comics zwar oft ein Vehikel für Propaganda, aber es gab auch ein Magazin mit Science-Fiction- und Fantasy-Comics, die eine Art ersten Schritt in Richtung geistige Freiheit symbolisierten. In den 80er-Jahren gab es das großartige Magazin „Komiks Fantasyka“, das mit Werken von Autoren wie Andreas und Loisel westliche Comics veröffentlichte – diese Art Comics sind zu einem Bestandteil meiner DNA geworden. Anfang der 90er-Jahre fanden dann die ersten Comic-Conventions statt, und es war eine sehr fruchtbare Zeit für Comics in Polen, aus der viele neue Autorinnen und Autoren hervorgingen. Die polnischen Zeichnerinnen und Zeichner kommen gut über die Runden, aber der Markt ist nicht gerade riesig. Im Allgemeinen gibt es auf der Weltkarte nur drei Orte, an denen man von der Arbeit an Comics leben kann: USA, Frankreich und Japan – für den Rest der Welt ist es ein ziemlich hartes Geschäft.

Könntest du uns etwas über deinen Kunststil und deine Arbeitstechniken erzählen? Welche Materialien verwendest du – arbeitest du analog oder eher digital? Welche anderen Künstlerinnen und Künstler haben deinen Stil beeinflusst und auf welche Weise?

Ich versuche, mich nicht auf eine bestimmte Methode festzulegen. Einerseits schätze ich den traditionellen Stil von Comics sehr – schwarze Tusche und deckende Farben sind die einfache, wirkungsvolle Art, Geschichten zu erzählen ... Andererseits habe ich auch zwei Schreibtische voll mit allen möglichen Werkzeugen, und die muss ich benutzen. Meine Arbeitstechnik besteht hauptsächlich darin, Spaß zu haben. Ich arbeite mit dem Werkzeug, auf das ich gerade Lust habe, und bearbeite die Illustration anschließend in Photoshop, oder auch mal anders herum. Keine Regeln – Kunst ist für mich Freiheit, nicht wie in der Schule. Ich versuche, die Arbeit für mich selbst unterhaltsam zu gestalten, damit es für die Leute dann hoffentlich interessant wird. Der Comic-Boom in den frühen 90er-Jahren hatte einen großen Einfluss auf mich. Es war eine Zeit großer Freiheit in der Comic-Kunst. Jedes Jahr gab es einen Wettbewerb für Comic-Kurzgeschichten und die Ausstellung der Werke wurde auf einem Festival in Łódż gezeigt. Das war jedes Jahr ein wahres Fest für die Seele – unglaubliche Kunstwerke sind in dieser Zeit entstanden. Die Arbeiten von Przemysław Truściński alias „TRUST“ und Krzysztow Gawronkiewicz alias „Gawron“ haben mich sehr beeinflusst, und auf den gleichen Conventions konnte ich auch westliche Comics kaufen: Werke von Moebius, Bilal, Mignola und so vielen mehr.

Der erste deiner Comics, der von Cross Cult veröffentlicht wurde, war die von Clay McLeod Chapman geschriebene, anspruchsvolle Sci-Fi-Geschichte ORIGINS im Jahr 2021. Könntest du uns ein wenig über dieses Projekt erzählen? Wie bist dazu gekommen, und was hat dich an dem Konzept und Clays Skript gereizt?

Abhängig davon, wo du arbeitest, gibt es kulturelle Unterschiede in der Art und Weise, wie du an Comics arbeitest. In Europa beispielsweise wird das anders gehandhabt als in den USA. Die Zusammenarbeit mit BOOM! Studios, für die ich einige Titel illustriert habe, lief jedes Mal so ab, dass sie das fertige Skript bereitstellten und mich gefragt haben, ob ich daran arbeiten möchte. Im Fall von ORIGINS hatten sie eher eine allgemeine Vorstellung von der Geschichte und fragten mich, ob ich daran mitarbeiten wolle – also gab es viel Freiheit bei der Gestaltung der Charaktere und des „Worldbuildings“ usw. Ich habe die Illustration mit dem Hauptprotagonisten, der in einer postapokalyptischen Landschaft steht, vorbereitet, die später das Cover für die Miniserie wurde. Der Ausgangspunkt ist für mich immer die Farbpalette – für ORIGINS waren es Grün und Rosa, für JUDAS Blau. Das hilft mir dabei, mir die Geschichte vorzustellen, und ich wollte schon immer eine epische postapokalyptische Geschichte zeichnen.

JUDAS ist – ebenso wie ORIGINS – eine Geschichte, in der es um Erlösung geht, die jedoch in einer fernen Vergangenheit spielt. Der Autor Jeff Loveness und du tauchen in den biblischen Mythos des ultimativen Verräters, Judas, und seine Beziehung zu Christus ein. Ohne dich mit der Wiederholung langweilen zu wollen, würde ich dir gerne die gleiche Frage stellen: Wie und warum hast du dich für dieses Projekt entschieden?

Auch hier hat mich BOOM! gefragt, ob ich an dem Comic mitarbeiten wolle, und ich begann damit, Konzepte für die Charaktere anzufertigen und mir Gedanken über das fiktive Universum zu machen. Danach wusste ich, dass ich diese Geschichte erzählen wollte. Mit der Arbeit an einem Comic gehen Künstlerinnen und Künstler eine enorme Verpflichtung ein. Wenn ich mir vornehme, 100 Seiten des Comics zu zeichnen, muss ich mir sicher sein, dass ich diese endlosen Stunden der Arbeit an diesem Werk auch genießen kann. Ich bin absolut begeistert von Jeffs Art zu schreiben, es war mir ein Vergnügen, diese Reise anzutreten.

Bist du selbst christlich erzogen worden? Was war deine Vorstellung vom Judas-Mythos und wie hat Jeffs Interpretation die christliche/katholische Sichtweise dieser tragischen Figur und ihres Verbrechens herausgefordert oder verbessert?

Früher gingen die Menschen in Polen jeden Sonntag in die Kirche, aber das hatte eher einen kulturellen Hintergrund, um ehrlich zu sein. Meine Familie ist überhaupt nicht religiös, aber ich erinnere mich an die langen Stunden, die ich als Kind in der Kirche verbracht habe. Zum Glück hatten wir alte mittelalterliche Kirchen in der Stadt, so dass ich die Skulpturen, die Fresken, die die Hölle mit all den coolen Teufeln darstellen, und die Gemälde des Kreuzweges an den Wänden bewundern konnte, anstatt vor Langeweile zu sterben. Ich glaube, der Teil mit dem Glaubensmythos ist etwas, das für Jeff wichtig war und ich in der Kunst ausdrücken wollte.

Die Geschichte von JUDAS hat mich an den Scorsese-Film Die letzte Versuchung Christi erinnert, der von einer ähnlichen Prämisse ausgeht, den Fokus aber auf die Menschlichkeit Christi und die „Was wäre, wenn“-Vision eines Lebens als Mensch ohne das Opfer am Kreuz legt. Damals war Martin Scorseses Film ein großer Skandal und hatte heftige Proteste zur Folge. Wie war das allgemeine Feedback, das Jeff und du für JUDAS bekommen haben?

Ich war überrascht, dass mich in Polen niemand auf dem Scheiterhaufen verbrennen wollte. Im Allgemeinen haben wir wirklich cooles Feedback bekommen, die Leute mochten den Comic sehr. Und im Endeffekt ist der Comic überhaupt nicht anstößig, wenn man mal darüber nachdenkt. Ich denke sogar, dass es Jeff gelungen ist, die Bruchstellen in einer kaputten Geschichte zu richten.

Wie war die Zusammenarbeit mit Jeff? Hattest du eine Menge künstlerischer Freiheit bei der Gestaltung der Welt von JUDAS und der Struktur der Seiten im Comic?

Ich liebe die Art und Weise, wie Jeff die Geschichte geschrieben hat. Manchmal ist es schwer zu erraten, worauf der Autor hinauswill, aber im Fall von JUDAS hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte für ihn wichtig und deshalb sehr klar geschrieben war.

Woran arbeitest du im Moment? 

Ich habe ein sehr arbeitsreiches Jahr vor mir. Ich arbeite gerade an einem großen Titel für einen französischen Verlag und an einer Miniserie für einen amerikanischen Verlag. Wenn alles gut geht, werden die Titel Ende 2023 veröffentlicht.

 

Im Februar erscheint mit JUDAS von Jeff Loveness und Jakub Rebelka (ORIGINS) eine anregende und eindringliche Neuinterpretation der Geschichte eines Schurken der ersten Stunde. Besonders freuen wir uns darüber, dass wir Jakub Rebelka, dessen unverwechselbares Artwork die Geschichte einer der tragischsten Figuren der Bibel zum Leben erweckt, am 6. März um 19:00 Uhr bei uns im MANGA CULT-Store im Milaneo willkommen heißen dürfen. Nach einem kurzen Gespräch wird der aus Polen angereiste Zeichner für eine Signierstunde zur Verfügung stehen. Der Abend ist der Beginn einer Signiertour, die in Kooperation mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, Bochum NRW e.V. sowie der Stadtbücherei Bochum von Cross Cult organisiert wurde, und die dank der freundlichen Unterstützung der Evang. Kirchengemeinde Bochum (Mitte) mit einem ganz besonderen Event am 10. März um 19:00 Uhr in der Pauluskirche in Bochum ausklingen wird.

Einblick in die Leseprobe gibt es hier.


Hier noch einmal alle Termine der Tour im Überblick:


Montag, 6. März, 19:00 Uhr
MANGA CULT STORE MILANEO, Stuttgart
Dienstag, 7. März, 17:00 Uhr
Comic Cosmos, Saalbaustraße 5, 64283 Darmstadt
Mittwoch, 8. März, 16:00 Uhr
T3 Terminal Entertainment Comics & Spiele, Große Eschenheimer Str. 41a, 60313 Frankfurt am Main
Donnerstag, 9. März, 18:30 Uhr
Cöln Comic Haus – "Am Lagerfeuer"
Freitag, 10. März, 19:00 Uhr
Pauluskirche, Bochum – Limitierte Publikumszahl – Anmeldung: BuechereiVeranstaltung@bochum.de (Abendkasse: 6,– €; ermäßigt 4,– €)

Der Eintritt ist bis auf den 10.03.2023 an allen Tagen frei.

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